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28.10.2022

Bewegendes Jubiläum

30 Jahre Städtepartnerschaft zwischen Hann. Münden und Chelmno

28.10.2022

Bewegendes Jubiläum der 30-jährigen Städtepartnerschaft zwischen Hann. Münden und Chelmno

Hann. Mündens Bürgermeister Tobias Dannenberg, dessen Stellvertreterin Gudrun Surup sowie Hann. Mündens Partnerschaftsbeauftragter Frank Stryga waren Ende Oktober der Einladung aus Polen anlässlich des 30-jährigens Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen Hann. Münden und Chelmno gefolgt. Empfangen wurde die Delegation unter anderem durch Chelmnos Bürgermeister Artur Mikiewicz, dem Stadtratsvorsitzenden Wojciech Strelecki sowie Chelmnos Partnerschaftsbeauftragte Monika Szwarocka-Loba.

Zweifelsohne hatten die Gastgeber einen würdigen Rahmen für den Festakt geschaffen und in der durch EU-Mitteln renovierten Saal der Musikschule ein hörenswertes Konzert arrangiert. Unter dem Titel „Meet your Partner again“ stellten beide Städte ihre Stadtansichten während einer Ausstellung vor. Zum Teil hatten dazu die am Schüleraustausch beteiligten Schulen ebenfalls einige Beiträge geliefert. „Es war ein Signal, um wieder alles auf Anfang zu setzen – auch was den Schüleraustausch angeht. Chelmno ist die aktivste Partnerschaft Hann. Mündens. Beinahe alle unsere weiterführenden Schulen haben feste Partner dort. Durch die Corona-Pandemie mussten die intensiven Beziehungen allerdings vorübergehend zurückgestellt werden“, informiert Frank Stryga.

In seiner Festrede blickte Tobias Dannenberg auf die 30-jährige Freundschaft beider Städte zurück: „Die Städtepartnerschaft hat sich deshalb so positiv entwickelt, weil die einzelnen Bürgerinnen und Bürger ein starkes Interesse daran haben, fremde Denkweisen und Lebensgewohnheiten kennen zu lernen und damit eine Verständigung auf ganz persönlicher Ebene zu schaffen. Insbesondere müssen wir es jeder Generation aufs Neue ermöglichen, Kontakte zu knüpfen und zu erleben, wie der Alltag in einem anderen Land aussieht und welche Fragen die Menschen dort bewegen.“ Um die Vorzüge der Partnerschaft aufzuzeigen, hob er unter anderem den bestehenden Jugendaustausch sowie den Kontakt zwischen den Sportvereinen, darunter die Beteiligung des Mündener Kanu Clubs, hervor. Bedauerlicherweise seien die Kontakte innerhalb der Corona-Pandemie auf ein Minimum beschränkt worden und das Reisen war nicht mehr möglich. Wie wichtig Freundschaft und Solidarität in diesen bewegenden Zeiten seien, so der Mündener Bürgermeister, führe allen das gegenwärtige Weltgeschehen schmerzlich vor Augen. Der Krieg in der Ukraine reiße alte Wunden auf. Der Terror und die Flüchtlingsschicksale vor den Toren der EU seien nah an Polen und Deutschland herangerückt, die freiheitliche und demokratische Grundordnung ins Wanken geraten. „Schwere Zeiten lassen wahre Freunde erkennen – der Verein für Städtepartnerschaft und internationale Begegnungen hat in den vergangenen Monaten einen fast fünfstelligen Betrag aus Sach- und Geldspenden zur Unterstützung Chełmnos und ihrer ukrainischen Partnerstadt Kaniw sammeln können. Im Vergleich zu Hann. Münden hat Chelmno dreimal so viele Flüchtlinge aufnehmen können. Man sieht: Die Unterstützung und Anteilnahme, gerade in Krisenzeiten wie diesen, zeichnen wahre Verbundenheit aus und sind von unermesslicher Bedeutung.“

Wie ergreifend das Jubiläum schlussendlich werden würde, damit hatte zuvor keiner der deutschen Gäste gerechnet. Dafür sorgte der Erfahrungsaustausch der Partnerstädte über die partnerschaftliche Zusammenarbeit angesichts der humanitären Krise in der Ukraine. Geflüchtete berichteten den Vertreterinnen und Vertretern von ihren grausamen Kriegserlebnissen. Zudem hatten Kinder ihre schrecklichen Eindrücke zu Papier gebracht. Ihre Bilder wurden während einer Ausstellung gezeigt unter dem Titel „Verlorene Kindheit“ gezeigt. Sie stellen grausame Eindrücke dar, hervorgerufen durch die kriegerischen Handlungen und die damit verbundenen Ängste. „Man bekam vor Augen geführt, wie unfassbar grausam dieser Krieg geführt wird und wie belastend er für die Bevölkerung und vor allem für die Jüngsten ist. Das geht nicht spurlos an einem vorbei“, erklären Tobias Dannenberg und Frank Stryga rückblickend.

Parallelen zur Situation in Hann. Mündens israelischer Partnerstadt Holon wurden wach, die in der Vergangenheit unter Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen zu leiden hatte. Während des weiteren Austauschs, bei dem die bislang geleisteten Hilfen von polnischer wie auch deutscher Seite aufgezeigt wurden, wagte man auch einen Ausblick auf die mögliche zukünftige Unterstützung für die Menschen, die unmittelbar dem ukrainisch-russischem Konflikt ausgesetzt sind. Frank Stryga hatte dabei besonders die traumatisierten Kinder im Blick: „Ein massives Problem ist die psychische Belastung der ukrainischen Kinder. Unsere Freunde in Holon möchten unbedingt helfen und haben ihre Unterstützung in Form von psychologischer Betreuung angeboten, die aufgrund der Entfernung online erfolgen kann. Dieses Angebot wurde dankend angenommen. In der Zwischenzeit habe ich den Kontakt zwischen den Experten und den Betroffenen hergestellt.“

Ein weiterer wichtiger Teil des Besuchs war der Besuch des Kurt-Schumacher-Hauses im Herzen Chelmnos. Hier erhielt die Mündener Delegation die Gelegenheit, Blumen an der Gedenktafel des früheren deutschen Politikers, der in der polnischen Partnerstadt geboren wurde, Blumen niederzulegen. Und auch hier waren Parallelen zu erkennen, diesmal zur aktuellen Lage in der Ukraine: „Wir gedenken heute eines großartigen Menschen, dessen Lebensjahre durch Kampf und Überleben geprägt sind. Tief von der jahrelangen, politischen Verfolgung gezeichnet, traf Kurt Schumacher in der Nachkriegszeit auf die ebenfalls von Kriegsspuren belasteten Annemarie Renger, die im Laufe der Zeit zu einer herausragenden Persönlichkeit in der Geschichte der SPD als auch in der Bundespolitik aufsteigen sollte. Nachhaltig bestimmt durch die Erfahrungen des Nationalsozialismus, setzten sie es sich gemeinsam zur Aufgabe, die zurückgewonnene Demokratie gegen Angriffe aus unterschiedlichsten Richtungen zu schützen“, hielt Hann. Mündens Bürgermeister Tobias Dannenberg während seiner Rede fest. Und weiter: Kurt Schumachers Wirken sei es mit zu verdanken, dass sich ost- und westeuropäische Länder angenähert und einander die Hände gereicht hätten. Die Städtepartnerschaft zwischen Chelmno und Hann. Münden sei der lebendige Beweis, dass Demokratie, Vertrauen und Solidarität über Ländergrenzen hinweg gelebt würden und zu Freundschaften reifen könnten.

Tobias Dannenberg, Gudrun Surup und Frank Stryga, mit ihren Ämtern und Funktionen automatisch Mitglieder des Sitzungsrates der Kurt-Schumacher-Stiftung, die sich auf Seiten Chelmnos unter anderem um den Jugendaustausch kümmert, nahmen zudem an der jährlich zweimal stattfindenden Zusammenkunft des Stiftungsrates teil. Die Sitzungen werden aus organisatorischen Gründen stets mit Partnerschaftsbesuchen verbunden. Diesmal ging sie mit dem Kennenlernen der aktuellen Stiftungsratsmitglieder und umfangreichen Satzungsänderungen einher.

Selbstverständlich brachten die Freunde aus Hann. Münden auch Gastgeschenke mit. Die Bürgergenossenschaft Mündener Altstadt hatte ein Stück eines 500 Jahre alten Holzbalkens zur Verfügung gestellt, das, mit einer Widmung versehen, anlässlich des 30-jährigen Partnerschaftsbestehens an Chelmnos Bürgermeister Artur Mikiewicz überreicht wurde. Alle Beteiligten hoffen, dass die Städtepartnerschaft ebenfalls eine solch lange Zeit überdauert und ihren Dienst im Sinne der Völkerverständigung leistet.

Darüber hinaus hatte der Städtepartnerschaftsverein Zuwendungen monetärer Art dabei: So erhielt ein Chelmnoer Förderverein, der sich darum bemüht Jugendliche aus Kaniw zu Erholungszwecken nach Polen zu holen, 1.500 Euro. Das Geld stammt aus Zuwendungen des Rock for Tolerance e.V. Zudem wurde das Kurt-Schumacher-Haus als Jugendbegegnungsstätte mit 1.500 Euro unterstützt, um den internationalen Jugendaustausch, insbesondere die Einbindung der Jugendlichen aus Kaniw, fortzuführen. Dieser Betrag stammt aus der Kasse des Städtepartnerschaftsvereins.

Unbedingt fortführen und festigen möchte man auf Mündener Seite die langjährige Städtepartnerschaft mit den polnischen Freunden, weshalb Tobias Dannenberg zu einem Gegenbesuch einlud. Dann vielleicht unter etwas erfreulicheren zeitgeschichtlichen Gesichtspunkten.

Autor/in: M. Simon / Pressestelle Hann. Münden

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